[22.02.2015] „Grundstein für einen weiteren Schritt zur touristischen Aufwertung des Bostalsees gelegt“

Von einem Leser aus Nonnweiler

So nennt die Wirt­schafts­mi­nis­te­rin den wei­ter an­stei­gen­den Fluglärm, der von Kampf­jets aus Spang­dah­lem (RLP), Ram­stein (RLP), Büchel (RLP), Nör­ve­n­ich (NRW) und ih­ren von ih­nen ein­ge­la­den­den Gäs­ten aus den Nie­der­lan­den, Bel­gi­en, Frank­reich, Ita­li­en, Rumä­ni­en, den USA und Ka­na­da – um nur ei­ni­ge, be­son­ders ger­ne und fast je­den Werk­tag über dem nörd­li­chen Saar­land her­um­to­ben­den „Kampf­part­ner“ der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zu nen­nen – ver­ur­sacht wird und die Be­völ­ke­rung krank macht. Oder? Ha­ben wir uns ver­le­sen? Wir ha­ben!

Die Be­zu­schus­sung der neu­en Lo­gis­tik­hal­le am Bo­stal­see mit knapp ei­ner Mil­li­on Eu­ro war ge­meint. Wir dür­fen an­neh­men, dass es sich um Steu­er­gel­der han­delt. Der Neu­bau die­ser Lo­gis­tik­hal­le sei not­wen­dig, weil die al­te durch die be­eng­te La­ge an ih­re Ka­pa­zitäts­gren­ze ge­sto­ßen sei. Die neue Hal­le wird ne­ben Auf­ent­halts­räu­men auch Sa­ni­täts­räu­me be­her­ber­gen. Das wird bei dem Dau­er­lärm, den die Kampf­jets werk­täg­lich bis auf ganz we­ni­ge Aus­nah­men in die Re­gi­on um den Bos­tal­see brin­gen, auch drin­gend not­wen­dig sein, um den Lärm­stress der Ur­lau­ber ad hoc be­han­deln zu kön­nen. Aber kei­ne Sor­ge, die Kos­ten wer­den sich im Rah­men hal­ten. Wel­cher Ur­lau­ber wird sich frei­wil­lig ein zwei­tes Mal dem Lärm­ter­ror aus­set­zen? Wir emp­feh­len bei der Pla­nung die Kos­ten für vier­fach lärm­däm­men­de Schall­schutz­fens­ter mit ein­zu­kal­ku­lie­ren.

Dass das Saar­land und die um die Air­ports lie­gen­den Ge­gen­den mit deut­lich höhe­rem Krank­heits­vor­kom­men und in­ner­halb die­ses mit si­gni­fi­kant er­höh­ter Krebs­ra­te der Be­völ­ke­rung kämp­fen müs­sen, ist al­ler­dings mit Schall­schutz­fens­tern nicht ab­zu­wen­den und spricht sich lei­der auch un­ter Ur­lau­bern her­um. Und die blei­ben dann weg. Ein­fach so. Natür­lich sagt kaum ein Er­ho­lungs­su­chen­der das di­rekt. Die Lei­tung des Cen­ter Par­cs am Bo­stal­see mein­te dann auch noch, das Pro­blem ab­wie­gelnd, im letz­ten Jahr, ihr sei­en Be­schwer­den über den Kampf­jet­lärm und die Dau­er­be­rie­se­lung der Ge­gend mit hoch­gif­ti­gen, kar­zi­no­ge­nen und erb­gutschä­di­gen­den Ab­gas­en des Kampf­jets­ben­zins JP8 kaum zu Ohren ge­kom­men. Der Pool der Ur­lau­ber, die von dem von der Po­li­tik tot­ge­schwie­ge­nen Ter­ror der Kampf­jets noch nichts gehört ha­ben, scheint zu­min­dest in den Au­gen der Lei­tung des Cen­ter Parcs un­er­schöpflich. Wirt­schafts­mi­nis­te­rin An­ke Reh­lin­ger be­tont die Wich­tig­keit des Neu­baus der Lo­gis­tik­hal­le, um den Bo­stal­see als Be­su­cher­mag­net wei­ter zu stär­ken. „Durch die Wei­ter­ent­wick­lung des tou­ris­ti­schen An­ge­bots trägt der Bo­stal­see einen we­sent­li­chen Teil da­zu bei, dass das Saar­land die Zahl der Über­nach­tun­gen und der Ta­ges­gäs­te er­höhen kann“ meint un­se­re Mi­nis­te­rin. Klar, am bes­ten die Zahl der Über­nach­tun­gen am Wo­che­n­en­de. Denn dann ist ja (meis­tens) Ru­he vor den all­ge­gen­wär­ti­gen Mi­li­tär­übun­gen.

Die aus­län­di­schen Gäs­te­über­nach­tun­gen sei­en schon ge­stie­gen, und 65 Pro­zent der Gäs­te kä­men aus Frank­reich, Bel­gi­en und den Nie­der­lan­den. Ob sie da­mit die Kampf­jet­pi­lo­ten meint? Wohl eher nicht, denn die er­höhen ja nicht die An­zahl der Über­nach­tun­gen, son­dern be­wir­ken das Ge­gen­teil. Und Geld in die Re­gi­on brin­gen sie auch nicht, wie trotz ge­bets­mühlen­ar­tig wie­der­hol­ter Be­haup­tun­gen der Po­li­ti­ker leicht zu er­ken­nen sein soll­te. Je­den­falls wur­de noch kein Kampf­jet ge­parkt am Bos­tal­see ent­deckt. Und die da­zu­gehören­den Pi­lo­ten beim Mit­ta­ges­sen im Res­tau­rant auch nicht.

In­di­rekt könn­te man je­doch die Pi­lo­ten und das Mi­li­tär schon mit­ein­be­zie­hen, die At­trak­ti­vität des Bos­tal­sees zu stei­gern. Wenn man Kampf­jet­pi­lo­ten den See als Schein­an­griffs­ziel of­fi­zi­ell an­bie­ten oder Not­was­se­run­gen ei­nem brei­ten Pub­li­kum als Sen­sa­ti­on vor­führen wür­de, wä­re ein wei­te­rer Schritt zur At­trak­ti­vität des Saar­lan­des ge­tan. Wie das vor Jah­ren in Ram­stein aus­ge­se­hen hat, wenn das mal nicht so klappt wie vor­ge­se­hen, wür­de den Reiz des Gan­zen si­cher er­höhen. No risk, no fun.

Viel­leicht be­tei­li­gen sich ja auch die Pi­lo­ten von Bü­chel an sol­chen Tou­ris­ten­at­trak­ti­o­nen, ha­ben sie doch erst im letz­ten Jahr nur knapp den Ein­schlag ei­nes ab­stür­zen­den Kampf­jets auf die Si­los der in Büchel lie­gen­den Atom­bom­ben ver­mas­selt und be­wie­sen, dass Bruch­pilo­ten durch­aus ei­ne Zu­kunft ha­ben. Es wa­ren nur Se­kun­den, die ge­fehlt ha­ben, um einen Voll­tref­fer zu lan­den. Aber be­kannt­lich ist haar­scharf vor­bei lei­der auch da­ne­ben. Da hilft nur Üben, Üben, Üben. Und das tut man ja denn auch. Täg­lich. Bis in die Nacht­stun­den. „Schon jetzt stellt der Frei­zeit­park für das Saar­land ei­ne wich­ti­ge Frei­zeit- und Ur­laubs­des­ti­na­ti­on dar. Außer­dem lie­fert er einen Bei­trag da­zu, dass der Bo­stal­see nicht nur ste­tig an Be­su­chern, son­dern auch an über­re­gio­na­ler Be­deu­tung ge­winnt“, meint un­se­re Mi­nis­te­rin.

Zu­min­dest was die über­re­gio­na­le Be­deu­tung an­geht, ge­ben wir der Mi­nis­te­rin recht. In kei­nem an­de­ren Teil Deutsch­lands tobt sich der­art gehäuft aus­län­di­sches Mi­litär aus wie im nörd­li­chen Saar­land um den Bos­tal­see her­um.

Land­rat Udo Reck­ten­wald: „Der Tou­ris­mus (of­fen­sicht­lich, wenn wir die täg­li­che An­we­sen­heit in- und aus­län­di­scher Kampf­jets und die Nicht­re­ak­ti­on un­se­rer Po­li­ti­ker dar­auf mit­ein­be­zie­hen, auch der mi­litäri­sche) ge­nießt in un­se­rem tou­ris­tisch at­trak­ti­ven Land­kreis einen ho­hen Stel­len­wert. Die ste­ti­ge Ver­bes­se­rung der In­fra­struk­tur¹ ist da­her ei­ne be­deu­ten­de Auf­ga­be, so­wohl zum Woh­le der Tou­ris­ten als auch natür­lich zum Woh­le un­se­rer Bür­ger (zu­min­dest der ärzt­li­chen, die die durch den Lärm auch un­ter­be­wusst ver­ur­sach­ten Lei­den der Be­völ­ke­rung be­han­deln darf) und der Mit­ar­bei­ter der Seen­ver­wal­tung.“

Kampf­jet­lärm, Bom­bo­drom­getö­se, Trans­port­flug­zeug­run­den in nied­ri­ger Höhe und Stär­kung des Tou­ris­mus sol­len in Ein­klang ge­bracht wer­den? Ein Un­ter­fan­gen, das der Qua­dra­tur des Krei­ses na­he­kommt. Soll­te man das nicht schaf­fen, so wer­den wohl nächs­tens Wer­be­pla­ka­te neu ge­druckt wer­den müs­sen: „Heu­te Bos­tal­see in Flam­men! Bo­den­kampf­jetü­bun­gen mit A10-Bom­bern über dem See! Die Aus­führen­den: Mi­litärs sämt­li­cher Na­to­part­ner. Ein­tritt frei.“ Und im Klein­ge­druck­ten steht: „Der dau­ern­de Auf­ent­halt in die­ser Ge­gend kann zu töd­li­chen Krank­hei­ten führen. Sie­he saar­län­di­sche Be­völ­ke­rung. Ver­mei­den Sie da­her län­ge­ren Kon­takt mit ihr.“


  1. Ab­wan­de­rung der Ju­gend, zum Aus­gleich wei­te­re ge­plan­te Er­höhung des Mi­litär­be­stan­des, u.a. um 7500 zu­sätz­li­che Sol­da­ten der US-Ar­my nach Baum­hol­der und Ku­sel, nebst ih­rer lärm- und ab­gas­er­zeu­gen­den Gerät­schaft, die man wun­der­bar über dem Bo­stal­see aus­pro­bie­ren kann und auch wird. Gibt es ein er­ha­be­ne­res Bild als einen stun­den­lang über dem See laut knat­ternd schwe­ben­den Kampf­hub­schrau­ber vor der Ku­lis­se ei­nes Son­nen­un­ter­gangs?